Wir haben seit kurzem eine neue Regierung. Welche Forderung haben Sie an die Politik?
Wir dürfen das Ziel der Verlagerung von der Straße auf die Schiene nicht aus dem Auge verlieren. Dieses klare Bekenntnis zur Schiene aber v.a. auch zum Kombinierten Verkehr vermisse ich in den Papieren der neuen Koalition. Hier muss unsere Branche noch viel stärker die Interessen in Berlin adressieren.
Mal ehrlich, würden Sie auch heute nochmals die Entscheidung treffen, ein EVU bzw. die Lokomotion zu gründen?
(lacht) Damals wusste ich ja noch nicht, was auf uns zukommt. Wir hatten vor 25 Jahren andere Herausforderungen, die mehr im Bereich der Markteintrittsbarrieren und Zulassungsthemen lagen, heute dürfen wir uns mit Infrastrukturthemen, verrückten Energiemärkten und viel Bürokratie herumschlagen. So hat jede Zeit wohl seine eigenen Herausforderungen. Aber grundsätzlich würde ich auch heute nochmals ein neues EVU gründen, es hat ja viel Spaß gemacht!
Der erste Slogan der Lokomotion war „Quality on Rail“, wie sehen Sie die Entwicklung der Pünktlichkeit nach 25 Jahren?
Durch die Gründung von privaten EVUs und dem Wettbewerb mit den Staatsbahnen hat sich die Qualität ganz erheblich verbessert. Allerdings sehen wir die letzten Jahre wieder einen Rückschritt, da die Qualität der Infrastruktur einen Regelbetrieb deutlich erschwert und teils unmöglich macht. Hier müssen die Infra-Bereiche uns dringend eine Perspektive aufzeigen, damit unsere Kunden wieder Vertrauen in ein stabiles System haben.
Unsere Leistung wäre ohne die langjährige und gute Zusammenarbeit mit Partnern kaum denkbar. Auf welche langjährigen Partnerschaften blicken Sie gerne zurück?
An erster Stelle natürlich auf die lange und fruchtbare Zusammenarbeit mit unseren Gesellschaftern Kombiverkehr, DB Cargo und die Brennerautobahngesellschaft und RTC. Aber gerade zum Jahreswechsel 2024 / 2025 hat sich der Kreis unserer wichtigsten Partner nochmals erweitert und es ist uns gelungen ein leistungsfähiges Netzwerk aufzubauen.
Wenn Sie in die Zukunft der Lokomotion blicken, welche Herausforderung beschäftigt Sie da am meisten?
Da sehe ich ganz klar alle Infrastrukturthemen, sowohl in betrieblicher Hinsicht mit den vielen angekündigten und unangekündigten Baustellen / Sperrungen aber auch die jährlich drastisch steigende Kostenbelastung aus Trassenpreise, Stornoentgelten, etc.
Würden Sie Jugendlichen weiterhin empfehlen eine Ausbildung als Lokführer & Lokführerin zu machen, trotz der Automatisierung?
Unbedingt. Wir hatten ja das Glück, mit unserer eigenen Schule viele neue Kollegen und Kolleginnen für diesen abwechslungsreichen Beruf zu interessieren. Wir freuen uns über jeden erfolgreichen Abschluss und haben ja einige Kollegen, die je nach persönlicher Interessenslage auch in anderen Bereichen des Unternehmens einen Platz gefunden haben.
Und auf welche Leistung sind Sie besonders stolz?
Nun sind 25 Jahre ja eine durchaus lange Zeit in diesem wettbewerbsumkämpften Markt. Deshalb ist es umso erfreulicher, dass es uns gemeinsam gelungen ist, ein Großteil der Produkte und Volumina langjährig & dauerhaft an uns zu binden. Das gilt sowohl für unsere „Butter&Brot“-Verkehre auf unserer Hausstrecke München – Verona aber auch für bedeutende Company Train-Produkte wie unser Bremen-Verona-Zugpaket. Aber auch im Wagenladungsverkehr haben wir zusammen mit unserem Partnern DB Cargo sukzessive gute Lösungen für die Industrie aufgebaut.
Gibt es Produkte oder Verkehre, die sich nicht so entwickelt haben, wie ursprünglich erwartet?
Sicherlich haben wir auf der Tauernachse Licht und Schatten erlebt. Wir sind hier sehr abhängig von der Fährpolitik und der wirtschaftlichen Entwicklung der Türkei. Trotzdem bleibt Triest ein wichtiger Meilenstein in unserer Firmengeschichte und dauerhaft ein wichtiges Ziel auf unserer Streckenkarte. Ich gehe auch davon aus, dass wir hier nach Beendigung der Tauernsperre am 15.07.2025 wieder einen positiven Trend sehen werden.
Was verbinden unsere Kunden mit „Lokomotion“?
Unsere Kunden schätzen einfach unsere freundliche und lösungsorientierte Art. Es ist klar, dass im Tagesbetrieb nicht immer alles funktioniert, aber wir versuchen meistens die Situation gut zu erklären und machen Vorschläge, wie es weitergehen könnte. Da heben wir uns deutlich von anderen Anbietern ab. Unsere Kunden nehmen das als gute Teamleistung wahr.
Gibt es nach 25 Jahren überhaupt noch Optimierungsmöglichkeiten?
Ich erwarte mir schon nochmals einen Produktivitätsschub bei zwei Faktoren:
1) Auch in Italien werden unsere Züge in den kommenden Jahren nur noch mit einem anstatt mit zwei Lokführern fahren.
2) Die Zuglänge muss und wird sich in Richtung 750m bewegen und auch an den Grenzlasten müssen wir permanent dranbleiben.
Und bereits heute zeigen wir ja mit unseren Tonzügen aus Limburg und Wetzlar, dass wir mit unserer Lokflotte flexibel auf spezifische Kundenanforderungen reagieren können, in diesem Fall dem Einsatz der EURO9000 mit über 2000 Btt über den Brenner.
Was gefällt Ihnen an Kufstein besser, die Festung, der Inn oder unsere Werkstatt?
Auch wenn ich eine gute Erinnerung an einer Weihnachtsfeier auf der Festung habe, gefällt mir natürlich unsere Werkstatt in Kufstein am besten. Wir sind da jetzt hervorragend aufgestellt und können fast das gesamte Instandhaltungsspektrum in Eigenregie abdecken.
Sie sind ja im Kombinierten Verkehr zuhause, was begeistert Sie an unseren Wagenladungsverkehrsprodukten?
Ich finde es gut, dass wir mit unseren „Bunten Zügen“ nicht abhängig von nur einer Gutart sind, sondern hier – je nach Marktentwicklung – etwas „atmen“ können. Wir haben ein buntes Produktportfolio und entwickeln diese Produkte seit Jahren gemeinsam mit DB Cargo und RTC weiter.
Mal einen Schätzfrage: wann eröffnet der BBT? Und der Brennernordzulauf kommt dann wann?
Ich würde da ungern eine Wette darauf abschließen, aber BBT eher so ab 2032 und ich fürchte der Brennernordzulauf sicher nicht vor 2040.
Auf welchen nächsten Lokomotion-Termin freuen Sie sich besonders?
Unser Sommerfest am 29. Juni war einfach ein gelungenes und tolles Familienfest. Es war ein schöner Anlass, um in lockerer Umgebung gute Gespräche zu führen. Ich finde, wir haben ohnehin bei Lokomotion mit unseren Festen eine schöne Tradition entwickelt und unsere Weihnachtsfeier gehört einfach zu einem gelungenen Jahr dazu. Auch das Lokführertreffen ist im Sommer ein fester Meilenstein und auch eine gute Gelegenheit langjährige Mitarbeiter wiederzusehen und neue Mitarbeiter kennenzulernen.
Wir danken Ihnen für das Gespräch.
Interview: Ruby van der Sluis & Stefanie Spath
